Nat pwe – Transgenderismus und Geisterfeste in Myanmar (Burma)

Nat pwe - Transgenderismus und Geisterfeste in Myanmar (Burma)

Ein Nat kadaw bei einem Geisterfest in Mingun

„Nat pwe“ sind Zeremonien, die in Myanmar (Burma) zu Ehren von Geistern (Nats) veranstaltet werden, um diese den Menschen wohlgesonnen zu stimmen.

„Nats“ sind Naturgeister, die in Bäumen, auf Bergen, in Seen und Flüssen und anderen Orten wohnen und wohlwollend oder störend in das Leben der Menschen eingreifen können. Sie sind älter als die jüngere, hinduistische und noch jüngere buddhistische Überprägung der Religion in Burma.
Wie in anderen Regionen und Religionen der Welt, so haben sich auch in Burma ältere religiöse Elemente und Glaubensvorstellungen erhalten und wurden in die jeweils herrschende jüngere (Staats)Religion integriert und dieser dienstbar gemacht.

König Anawrahta (1015-1078) von Bagan vereinigte die verschiedenen Zentren im Flußgebiet des Irrawaddy unter seiner Herrschaft und zwang die umliegenden kleinen Staaten in seine Abhängigkeit. Besonders bedeutungsvoll war dabei auch der Stopp der Ausweitung des Khmerreiches. Auch dieses war, wie fast die gesamte Region zu dieser Zeit, noch hinduistisch geprägt.
Um sich von seinen Widersachern abzuheben und ein Zeichen einer neuen Zeit zu setzen, erhob König Anawrahta den sich gerade in der Region ausbreitenden Theravada Buddhismus zur Staatsreligion und verbot den alten animistischen Geisterkult.
Da das Verbot aber erfolglos war und eher das Gegenteil bewirkte, versuchte er den alten Kult zu regulieren und dem Buddhismus untertan zu machen. Er nahm 36 prominente Nats aus dem ganzen Land und stellte sie als Helfer Buddhas auf der untersten Terrasse der neu errichteten Shwezigon Pagode in Bagan auf. Sodann fügte er einen 37. „Obernat“ hinzu, der die anderen Nats befehligte. Dieser war Thagyamin – die hinduistische Gottheit Indra.
Das ist kein Widerspruch zum vorher gesagten, war der Buddhismus doch aus dem Hinduismus heraus entstanden. Erst später verschwamm dieser hinduistische „Obernat“ mit Buddha selbst.
Dieser Schachzug war erfolgreich und die Nats sind bis heute integraler Bestandteil des Buddhismus in Myanmar und stehen für die Burmesen in keinem Widerspruch zur Lehre Buddhas.
Die 37 Nats, die unter König Anawrahta auf der untersten Terrasse der Shwezigon Pagode standen, wurden später entfernt und in einer eigenen Halle im Südosten der Pagode aufgestellt.
Welche Nats zu den 36 Nats gezählt werden, hat sich im Laufe der Geschichte mehrmals geändert, bis sich die heutige Liste und Reihenfolge herausbildete.

Abgesehen von den „offiziellen“ 37 Nats, gibt es bis heute weiterhin unzählige Nats, deren Bedeutung von Ort zu Ort recht unterschiedlich sein kann.
Es gibt Hausnats, Dorfnats und Nats, die für ganze Regionen verantwortlich sind.
Neben den täglichen Aufmerksamkeiten und Opfergaben für die Hausnats und ganz privaten Geisterfesten gibt es auch große, regional veranstalte Feste zu Ehren der Nats.

Bei diesen, jährlich, nach einem bestimmten Rhythmus stattfindenden Feiern, aber auch bei privat veranstalteten Festen, für die es keinen festgelegten Zeitpunkt gibt, können die Menschen mittels spezieller „Medien“ mit den Nats in direkten Kontakt treten.

Als Medien arbeiten in der Regel professionelle Tänzerinnen und Tänzer – so genannte „nat kadaw“. Die Tänzer sind wie die Tänzerinnen farbenprächtig kostümiert und stark geschminkt. Oft treten sie in Frauenkleidern auf.
Zu lauter, zum Teil ohrenbetäubender, rhythmischer Musik, die ab und zu unterbrochen wird von leiseren, melodischeren Tönen, tanzen die „Medien“ alle Elemente klassischen Tempeltanzes – nur eben etwas hingebungsvoller, entfesselter, ja extatischer. Bis einige von ihnen, auch unter Inanspruchnahme hochprozentiger geistiger Getränke, in echte Trance verfallen und so den Kontakt zu den Geistern hergestellt haben.

Ob die obengenannte Travestie der Tänzer tiefergehend ist, bis hin zur Transvestie, oder nicht, ist von Fall zu Fall unterschiedlich.
Dieser gleitende Übergang zwischen den Geschlechtern ist von alters her ein Faszinosum und wurde wohl in allen Religionen bei der shamanistischen Geisterbeschwörung genutzt.
Es heißt, daß diese Medien von den Geistern besonders „geliebt“ werden, oft auch im weitesten Sinne des Wortes und sie deshalb am effektivsten von den Geistern besessen werden und so den besten Kontakt zu ihnen herstellen können.

In den Ländern Südostasiens wie Burma, Laos Vietnam oder Thailand steht man dem Transgenderismus gelassener gegenüber als etwa offen gezeigter Homosexualität.
Die, oft in schlechtem Englisch geschriebenen, Webseiten örtlicher Reiseveranstalter benutzen dabei das englische Wort „gay“ in einem falschen Zusammenhang und lassen die Geisterfeste als ausgesprochene „Homosexuellenpartys“ erscheinen.
Damit wird man dem Phänomen des Transgenderismus, der bei den „Medien“ eine gewisse Rolle spielt, aber nicht gerecht. Das Phänomen des Transgenderismus ist nicht mit dem Begriff und dem westlichen Konzept des Wortes „gay“ im modernen anglo-amerikanischen Sprachgebrauch gleichzusetzen, auch wenn besonders bei den „männlichen“ Medien eine gewisse Affinität zu Bi- und Homosexualität auftreten mag.
Angeheizt durch oben genannte Webseiten und zunehmende Verwestlichung, die als „modern“ angesehen wird, gewinnen größere Geisterfeste allerdings zunehmend Popularität in der Gayszene.

Populäre und regelmäßig durchgeführte Geisterfeste in Myanmar (Burma), die oft über mehrere Tage gehen, mit vielen Pilgern, Geistertänzen, Jahrmärkten usw. sind z.B. das Pakhan Ko Gyi Kyaw Festival, das Taungbyone Nat Festival, das Yadana Cave Festival und das Mount Popa Nat Festival.

Feste, bei denen „Medien“ den Kontakt mit den Geistern herstellen, findet man auch in Vietnam und Laos, Tibet und Nepal. Selbst in Kambodscha und China kann man Reste solcher Feste finden.

Wer mehr zu den Zeitpunkten, Örtlichkeiten usw. der einzelnen Feste wissen, oder gar an einem Fest teilnehmen möchte, kann sich mit www.asien-entdecken.com in Verbindung setzen.

Gert Wiemeier
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Bildrechte: Quelle: Wikipedia, Fotograf: Wagaung, Burma

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