„Mallorca ohne Ballermann ist wie Hamburg ohne St. Pauli“

Der Soziologe Sacha Szabo, der ein Buch über den Ballermann schrieb, über die aktuellen am Strand von Palma de Mallorca

"Mallorca ohne Ballermann ist wie Hamburg ohne St. Pauli"

Sacha Szabo. Soziologe und Autor des Buches „Ballermann. Phänomen und Marke“

Seit Wochen herrscht Aufruhr in Deutschland. Der Ballermann soll geschlossen werden. Mallorca versucht dem Partytreiben Herr zu werden. So lauten die Überschriften. Was ist dran an diesen Nachrichten? Wir sprachen mit jemandem der es genau wissen muss. Dr. Sacha Szabo vom Institut für Theoriekultur hat eine wissenschaftliche Analyse des Ballermanns als Buch veröffentlicht. Wir sprachen mit ihm.

Zuerst eine Frage, was ist los auf Mallorca?

Sacha Szabo: Das frage ich mich auch. Der Ballermann ist nicht, was viele denken, ein einzelnes Lokal oder ein Ort. Es ist ein – ich würde sagen Phänomen – das auf Mallorca am Balneario 6 seinen Ursprung nahm. Ich würde es als eine Art Karneval beschreiben, nur dass dieser Karneval das ganze Jahr ist.

Was ist dann auf Mallorca?

Sacha Szabo: Auf Mallorca, genauer in Playa de Palme gibt es ein Viertel, eigentlich sind es eher zwei Straßen, die sogenannte Schinkenstraße und die Bierstraße und mehrere Clubs, wie das Oberbayern, das RIU Palace und vor allem der Megapark, die man gemeinhin zeigt, wenn man vom Ballermann spricht. Ursprünglich sprach man gar nicht vom Ballermann, sondern von „Malle“. In den neunziger Jahren wurde dann die umgangssprachliche Bezeichnung für die Strandbuden, nämlich aus Balneario wurde Ballermann, weil man sich dort einen reinballerte, von Andre Engelhardt als Marke eingetragen und langsam aufgebaut. Man schaffte mit dem Film von Tom Gerhard den Durchbruch, so dass heute Ballermann für ein bestimmtes Lebensgefühl, für ein bestimmtes Phänomen steht.

Sie sprachen davon, dass Ballermann Karneval das ganze Jahr sei.

Sacha Szabo: Was sich zeigt wenn man diese Partykultur untersucht ist, dass diese aus vier Grundelementen besteht, die für den Kulturwissenschaftler Michael Bachtin den Karneval auszeichnen. Das sind die Verkehrung, die Mesalliance, die Profanation und die Exzentrizität. Übersetzt bedeutet das, dass im Karneval die „normalen“ Dinge in ihr Gegenteil verwandelt werden. Der Narr ist König. Der Karneval ist ein Erlebnis, das sich grundlegend vom alltäglichen unterscheidet. Im Karneval vermischen sich Stände und Schichten, alle verbrüdern sich und heilige Dinge werden für diese Zeit parodiert. Alles Motive, die wir so auch auf Mallorca wiederfinden.

Verbrüderung, Auszeit vom Alltag ok, aber wo werden „geheiligte“ Dinge parodiert?

Sacha Szabo: Das hatte mich auch sehr stark verblüfft. Aber tatsächlich finden sich überall religiöse Zitate. Angefangen von Rosenkränzen als Modeacessoire und Heiligenbildchen als Armbänder fällt vor allem eines auf, dass nämlich das Gebäude des Megaparks einer Art Kirchenruine nachempfunden ist. Nur dass in den Spitzbogenfenstern nun Hopfen und Malz gepriesen werden. Wenn man so will, korrespondiert diese Ruine mit der Kathedrale von Palma.

Nun will aber Mallorca den Ballermann eindämmen.

Sacha Szabo: Auf Mallorca geschieht etwas, das man aus vielen deutschen Städten kennt: Gentrifizierung. Das anfänglich wilde unbeschwerte, das viele suchten, wird eingedämmt, kommerzialisiert und mit Regeln eingefasst. Das dient letztlich dazu, den Gewinn zu maximieren und die Risiken besser zu kalkulieren. Was verloren geht ist die ursprüngliche Energie. Natürlich wird argumentiert, dass man diesen exzessiven Partyurlaub nicht will. Aber ehrlich, ich war nun einige Male dort. Dort am Balneario 6 ist weniger los als am Isarufer. Natürlich ist manchmal ein Rekorder laut und ein paar wenige betrinken sich, aber das hat man in jedem deutschen Park auch. Der Ballermann auf Mallorca ist schon längst ein Mythos. Was viele auch vergessen, der Ballermann ist nicht auf Mallorca beschränkt. Aber Mallorca ohne Ballermann ist wie Hamburg ohne St. Pauli.

Herr Szabo, vielen Dank für das Gespräch.
Bildquelle:kein externes Copyright

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